Постмодерн (I). Попытка отказа от модерна
Электронный научный архив УРФУ
Информация об архиве | Просмотр оригиналаПоле | Значение | |
Заглавие |
Постмодерн (I). Попытка отказа от модерна
Postmoderne (I). Versuch einer Absage an die Moderne |
|
Автор |
Байер, Х.-Ф.
Beyer, H.-V. |
|
Тематика |
ИСТОРИЯ
ПОЛИТИЧЕСКАЯ ИДЕОЛОГИЯ РЕЛИГИОЗНАЯ ИДЕОЛОГИЯ |
|
Описание |
Der Versuch, sich von der Moderne auf Grund ihres willkürlichen Umgangs mit der Vergangenheit loszusagen, die Ablehnung des Romans als Kunstform, früher erhobene Vorwürfe gegen Thomas Mann sowie ein durch das Fach Byzantinistik bedingtes religionsgeschichtliches Interesse führten dazu, damit verbundene Fragen zu Hauptthemen einer Reise nach Österreich und Deutschland zu machen. Laudationen zu Solschenizyns achtzigstem Geburtstag in der in Moskau eingekauften «Literaturnaja Gazeta» vom 9.12.1998 gaben Anlaß dazu, gegen den absoluten Wahrheitsanspruch, der sich im Werk des weltberühmten Autors manifestiert, Lenins Lehre von der asymptotischen Annäherung an die Wahrheit zu verteidigen. In Österreich war die Auseinandersetzung des Reisenden mit der Moderne vornehmlich der bildenden Kunst gewidmet. In einer Wiener Kunstbuchhandlung fand er mitten im Weihnachtstrubel eine Reproduktion des von ihm gesuchten Bildes von Max Ernst: «Die heilige Jungfrau verhaut das Jesuskind», die von ihm gesuchten «Dieux obscurs» leider nicht. Im von ihm besuchten Dom von Maria Saal in Kärnten hat der expressionistische Maler Herbert Böckl den Gang Jesu auf dem Wasser dargestellt und dem in den Fluten versinkenden Petrus, der die Arme nach seinem Herrn ausstreckt, die Züge Lenins gegeben. Die Ansicht, daß sich die in dem Bild enthaltene Prophezeiung durch den Zusammenbruch des Kommunismus bewahrheitet habe, ist nicht ganz von der Hand zu weisen, wenn man den dargestellten Jesus mit dem Jesus der Katholischen Kirche identifiziert. Das Detail, daß Petrus wegen seines Unglaubens im Wasser versinkt, ist allerdings ein Zusatz des Matthäus und im Markusevangelium nicht überliefert. Die dortige Erzählung findet eine natürliche Erklärung darin, daß Jesus auf Grund außergewöhnlicher geistiger Kräfte (vergleichbar mit Hypnose), die auch bei seiner Verklärung (Mk. 9, 2-8) wirksam waren, seinen Jüngern eine Vision eingab, in der sie ihn auf dem Wasser wandeln sahen. Alles andere in der Szene ist auf gewöhnliche Art zu erklären. Die Jünger ruderten an Land, und Jesus stieg von dort, nicht vom Wasser aus, zu ihnen ins Boot. Eine Verständigung zwischen Marxisten und Christen ist zu begrüßen, wenn sie der Aufklärung und nicht der gemeinsamen Vertuschung von Umständen dient, die die Schwächen der jeweils bezogenen Position offenbar machen könnten. «Die Zeit» vom 30.12.1998 gewährte dem Reisenden nach einjähriger Pause ersten Einblick in das deutschsprachige Pressegeschehen. Sie enthielt einen sachkundigen kurzen Artikel zur russischen Wirtschaft. - Helmuth Plessner, dem als verkanntem Genie ein anderer Artikel gewidmet war, versuchte, innerhalb eines biologisch begründeten Weltsystems der Metaphysik einen besonderen Stellenwert zuzuweisen. Dem ist entgegenzuhalten, daß Metaphysik nicht den geringsten wissenschaftlichen Erkenntniswert besitzt und, wenn schon den Biologen, so um so mehr den Geisteswissenschaftler auf Holzwege zu fuhren geeignet ist. Die Frage nach dem Sinn des Seins, der Heidegger als Zeitgenosse Plessners in seinem 1927 erstmals erschienenen Buch «Sein und Zeit» nachgeht, fuhrt auf wenig mehr, denn auf die Frage nach Sein und Nichtsein, bei der man sich tunlichst für das Sein zu entscheiden hat. - Die Meinungsäußerung Louis Begleys, der, in Polen geboren, die Judenvernichtung des Dritten Reiches überlebte, den Roman «Der Prozeß» von Franz Kafka als sein Lieblingsbuch nennt und darauf verweist, daß wir das Vertrauen auf den Mitmenschen, in die Unverletzlichkeit unserer Person, die Achtung für die Institutionen und Gesetze sowie die Bindung an Gott verloren haben und nur im Geschlechtsakt eine Chance finden, aus der Vereinsamung auszubrechen, kann als typischer Ausdruck der Moderne gewertet werden. - In einem anderen Artikel ist vom Ende der Postmoderne und vom Ende der Kunst die Rede. In Wahrheit aber befindet sich nur die Kunst in Gestalt der Moderne in Gefahr, im Westen das gleiche Schicksal zu erleiden wie im Osten der Marxismus-Leninismus. In den «Salzburger Nachrichten» vom 2.1.1999, las der Reisende mit Mißbehagen, daß man Weimar zur europäischen Kulturhauptstadt gemacht habe, um dort den 250. Geburtstag des «Dichterfürsten» zu begehen. Man wendet ihm ein: Was den Russen ihr Puschkin ist, ist den Deutschen Goethe. Doch beides ist nicht das gleiche. Puschkin hält in seinen Werken Distanz zu seiner Person und regt zum Denken an, Goethe biedert sich an und verfuhrt. In den „Salzburger Nachrichten» vom 5.1. war ein Artikel dem dem irischen Romanschreiber Colum McCann gewidmet, der die Äußerung tat: «Die Schriftsteller sind die nicht anerkannten Historiker auf der Welt». Obwohl sie gewöhnlich besser schreiben als die Historiker, sind sie zu Recht nicht anerkannt. Als wichtigste Begegnung mit der Moderne gestaltete sich ein Besuch der Ausstellung «Österreichischer Expressionismus, 1905-1925», in Klagenfurt. Religiöse Motive in den ausgestellten Bildern fanden sich weitgehend durch Darstellung der Beziehung zwischen den Geschlechtern ersetzt. Den Reigen der Maler führten die allerkurzlebigsten, Egon Schiele und Richard Gerstl, an. Das einzige religiöse Motiv, das bei Schiele zu finden war, war eine Selbstdarstellung als hl. Sebastian, von Liebespfeilen durchbohrt. Den nachhaltigsten Eindruck machten auf den Betrachter die wenigen Bilder Richard Gerstls, darunter drei Selbstbildnisse: als kultivierter junger Mann, eine vergröbernde Darstellung desselben und ein unangehm berührendes Selbstporträt «lachend». Der Katalog der Ausstellung enthielt Lebensläufe der Künstler. Gerstl hatte ein Liebesverhältnis zu Mathilde Schönberg. Er erhängte sich 1908. Arnold Schönberg schrieb 1909 sein erstes Bühnenwerk mit dem Titel «Die Erwartung»: eine Frau sucht ihren Geliebten im Wald und stößt dort auf seinen Leichnam. Die Moderne begann, ihre eigenen Gesetze zu schreiben. Einer ihrer wichtigsten Gesetzgeber war Arnold Schönberg, mit dessen Zwölftonmusik sich Thomas Mann in seinem Roman «Doktor Faustus» auseinandersetzt. Von den 29 Künstlern, deren Werke in Klagenfurt gezeigt wurden, starben 6 in einem Alter unter fünfzig Jahren, 2 starben vor dem Krieg im Alter von 58 und 63 Jahren, 3 wurden in Konzentrationslagern ermordet, 7 fanden Asyl in westlichen Staaten, keiner emigrierte in die Sowjetunion, 1 starb durch Bomben, 10 überlebten im Dritten Reich, drei von diesen konnten auch während der Nazizeit in Amt und Würden weiterarbeiten. Als Künstler, die sich sporadisch auf die Religion bezogen, seien folgende genannt: Oskar Kokoschka stellte sich 1911 wie Schiele - allerdings weniger leidenschaftlich und nicht sehr tiefsinnig - als hl. Sebastian dar, der von einem weiblichen Engel erlöst wird. Max Oppenheimer malte eine sadomasochistische Geißelung Christi, die einem nicht selten heimlich gehegten Jesusbild entspricht. Eine Geißelung Jesu wird von keinem der vier Evangelisten berichtet. Nach Mk. 15, 15 gab Pilatus Jesus nach dessen Verurteilung einen Peitschenschlag. Dem folgte die Verspottung durch die Soldaten, die Jesus huldigten und ihm dabei mit einem Rohrstock auf den Kopf schlugen. Die von Oppenheimer auf einem anderen Bild dargestellte Beweinung Jesu, Motiv sowohl westlicher wie östlicher religiöser Kunst, ist eine Fortsetzung der Erzählung des Evangelisten Johannes von Maria und seiner eigenen Person unter dem Kreuz. Sie wird im Neuen Testament nirgends berichtet. Die Judith des Künstlers dürfte der biblischen Judith nahekommen. Carry Hauser stellte in einer Zeichnung ebenfalls die Beweinung dar. Wie bei Oppenheimer ist Jesus im Sinne moderner Kunst des Lendentuchs beraubt. Einer gewissen homoerotischen Zuneigung zu diesem Jesus haben beide Künstler auf verschiedene Weise in ihren Bildern Ausdruck verliehen. Am dramatischsten stoßen Moderne und Religion bei Aloys Wach aufein¬ander. 1919 malte er das Kloster Ranshofen als friedliche Idylle, der er ein satanisches Element in Gestalt einer Feuersbrunst und ein göttliches in Sonnengestalt beifügte, das sich auf den Neuplatonismus zurückfuhren läßt. In einem Zyklus von Holzschnitten befaßte er sich mit dem Thema des verlorenen Sohnes. 1920 stellte er, schon unter dem Einfluß des Surrealismus, Halbwüchsige «vor der Kirche» dar, an deren Eingang Frauenakte aufscheinen. Der weibliche Akt herrschte in der Ausstellung vor. Doch gab es auch Künstler, die den männlichen Körper bevorzugten. Bei Anton Kolig treten weibliche Akte allenfalls als Nebenfiguren zu männlichen in Erscheinung. Seine Gattin malte er bekleidet, versehen mit männlichen Muskelpaketen. Ein wahrer Schinken von Gemälde nennt sich «Klage». Diese erhebt ein blonder junger Mann offenbar deswegen, weil ihn Adolf mit Cornelia betrügt (oder Cornelia mit Adolf). Diese beiden erfreuen sich aneinander im Gebüsch, aus dem Adolf herüberwinkt. Vieles an dem Kunstschaffen Koligs ist durch Narzißmus erklärbar. In zu verschiedenen Zeiten gezeichneten Doppelakten einander gleichender männlicher Körper scheint sich die Sehnsucht nach einem gleichgearteten Freund widerzuspiegeln. Solche Männerfreundschaften können für die Umwelt eine gewisse Bedrohung darstellen, auch dann, wenn sie, wie im Fall von Schiller und Goethe, nicht unbedingt erotisch erklärt werden müssen. Anton Kolig starb 1950 an den Spätfolgen eines Bombenangriffs. Auf diesen spielt wahrscheinlich eine «Fliegerfigur» an, die Cornelius Kolig 1998 im Kärntner Landhaus aufgestellt hat. Unter den 29 Künstlern der Ausstellung waren nur zwei Frauen vertreten. Besonders beachtenswert erschien ein Bild von Helene Funke, «Die Träumende». Um eine schlafende Frau versammeln sich viele weibliche Gestalten und eine zweifach dargestellte männliche, der in ihrer Verdoppelung eine weibliche Haarsträhne über den Rücken wächst. Durch Verarbeitung von anschließenden Kunsterlebnissen in Hannover, durch Weiterverfolgung der Schönbergspur unter Herbeiziehung des «Doktor Faustus»-Romans von Thomas Mann und des Buches von Jan Assmann über «Moses den Ägypter», das als Reiselektüre gedient hatte, sowie durch Beschäftigung mit dem antiklerikalen Kunstschaffen von Max Ernst soll diese Untersuchung mit dem Ziel fortgeführt werden, negative und positive Momente der Moderne so genau wie möglich zu bestimmen und dadurch zu Kriterien zu gelangen, die auch für die Beurteilung von Tradition hilfreich sein können.
|
|
Дата |
2011-05-12T10:54:36Z
2011-05-12T10:54:36Z 1999 |
|
Тип |
Article
Journal article (info:eu-repo/semantics/article) Published version (info:eu-repo/semantics/publishedVersion) |
|
Идентификатор |
Байер Х.-Ф. Постмодерн (I). Попытка отказа от модерна / Х.-Ф. Байер // Античная древность и средние века. — Екатеринбург: Урал. гос. ун-т : Волот, 1999. — Вып. 30. — С. 354-383.
http://elar.urfu.ru/handle/10995/3547 |
|
Язык |
ru
|
|
Связанные ресурсы |
Античная древность и средние века. 1999. Вып. 30.
|
|
Формат |
916462 bytes
application/pdf |
|
Издатель |
Урал. гос. ун-т : Волот
|
|